Kunstobjekte auf dem Prüfstand |
Hochzeits-Stuhl, Messing-Laterne,
Porzellan-Figur und verschiedene Bilder: Susanne Reimann präsentiert
Sammelstücke von Zuschauern. Und Kunstexperten erklären, was diese
wert sind.
Barocke Porzellan-Büste
Diese Porzellanbüste wurde in der Manufaktur
Nymphenburg etwa um 1880/1900 hergestellt. Der Modelleur war Konrad
Linck, der allerdings für seine Arbeiten für die Manufaktur
Frankenthal berühmt war. Daher finden wir auf der Büste die
Fabrikationsmarke eines steigenden Löwen. Ursprünglich aus dem
Kurpfälzischen Wappen entnommen, ist sie die eigentliche Marke der
Manufaktur Frankenthal. Die Manufaktur Frankenthal (1755 gegründet)
wurde 1762 durch den Kurfürsten Karl Theoder von der Pfalz erworben
und erlebte bis Ende 1790 ihre Blütezeit. Hauptverantwortlich
hierfür war der Bildhauer und Modelleur Konrad Linck (tätig 1762 bis
1780). Nach zweimaliger französischer Besatzung und wechselnden
Besitzverhältnissen erfolgte 1800 die Schließung der Manufaktur.
Ab Mitte des 19. Jahrhunderts formte die
Porzellanmanufaktur Nymphenburg Frankenthaler Porzellan nach,
entweder durch Abgüsse oder nach noch vorhandenen Originalformen.
Für diese Frankenthal-Modelle benutzte man auch die
Frankenthal-Marke. Ab 1918 wurde unter die Löwenmarke auch noch die
komplette Jahreszahl gesetzt. Die vorliegende Büste stellt den
Kurfürsten von der Pfalz, Karl Theodor, dar und ist eine Kopie der
Originalbüste, die im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg steht. Die
Höhe der hier vorliegenden Nymphenburger Produktion beträgt 48
Zentimeter. Die Figur ist aus schlichtem glasiertem Weißporzellan
gefertigt und. Wert: circa 1.800 bis 2.000 Euro.
Hochzeits-Stuhl
Dieser Altländer Hochzeitsstuhl ist datiert
auf 1873. Er stammt aus der Norddeutschen Elbregion (Altes Land).
Der Armlehnstuhl ist aus Buche und Esche, dunkel gebeizt. Der
Lacküberzug ist neuzeitlich. Das Rückenbrett ist geschnitzt mit
flachem Floralrelief in barockisierender Rocaillemanier. In einem
Namensoval ist der Name "Johann v. Beck 1873" verewigt. Diese so
genannten Hochzeits-Stühle haben in ländlichen Gebieten,
insbesondere auch in der Norddeutschen Elbregion, eine lange
Tradition. Hier wurden in der Rückenlehne die Namen von Bräutigam
und Braut sowie das Hochzeitsdatum eingeschnitzt. Diese Stühle
wurden meistens von dem jungen Paar selbst in Auftrag gegeben.
Reichtum und gesellschaftliche Stellung der Eheleute spiegelt sich
in der Ausführung der Stühle wider. Der hier vorgestellte Stuhl hat
sein Vorbild im 18. Jahrhundert. Das barocke Namensschild wurde
unverändert übernommen.
Zwei Kinderbilder
Die beiden Gemälde sind in Öl auf Leinwand
gemalt und in Frankreich oder Belgien um 1860/1870 entstanden. Sie
sind als Pendants angelegt und zeigen zwei einander zugewandte
Mädchen bei der Handarbeit. Sie verkörpern treffend den Zeitgeist,
der eine idealisierende Darstellung nutzte, um junge Mädchen an das
klassische Rollenverständnis der Frau heranzuführen, sittsam mit
Handarbeiten ihre Zeit zu verbringen. Gezeigt wird die heile Welt,
die Idylle voller Liebreiz und Unschuld. Beide Werke sind in einer
perfekt akademischen Malweise ausgeführt. Sie tragen keine Signatur.
Größe mit Rahmen jeweils: 92 Zentimeter hoch und 83 Zentimeter
breit.
Empire-Silber-Jardiniere
Die kleine Silber-Jardiniere stammt aus
Deutschland, wahrscheinlich aus Posen aus der Zeit um 1880/1900. Sie
trägt die Silberpunze 800 mit Halbmond und Krone. Dies ist die
einheitliche Silberpunzierung seit der Reichsgründung 1871. Eine
weitere Punzierung "Posen P“ steht für die Stadt Posen und das P für
den Silberschmied, der nicht näher bekannt ist. Die Jardiniere ist
eine exklusive Tafeldekoration im Neo-Empire-Stil. Der Schalenkorpus
wird von zwei Putten auf dem Kopf getragen. Das Ganze ruht auf einem
flachen Deckelsockel mit vier Löwentatzen. Zwei geflügelte
Amorknaben tragen Köcher mit Leibespfeilen. Der ovale Schalenkorpus
ist mit plastischer Girlanden-Ornamentik verziert. Im Korpus
befindet sich ein versilberter, geschlossener Einsatz, was für die
Verwendung als Jardiniere oder Obstschale spricht.
Messing-Laterne
Die ungewöhnliche Handleuchte aus
Messingblech könnte friesischen oder auch holländischen Ursprungs
sein. Sie wurde wahrscheinlich um 1860/80 gefertigt. Das dünne
getriebene Messingblech ist in Form eins Buches gestaltet. Die
Handleuchte ist 15 Zentimeter hoch, 11 Zentimeter breit und 2
Zentimeter tief. Dieses "Buch“ ist als Dreiecks-Laterne aufklappbar.
Die "Buchdeckel“ werden zu Seitenwänden, die verglaste Vorderfront
wird ausgeklappt, ebenso der Boden mit eine kleinen Kerzentülle und
die zwecks Luftzufuhr ornamental durchbrochene Decke. Ebenfall
herausklappbar ist der schlichte schmale Tragegriff am "Buchrücken“.
Laternen waren über viele Jahrhunderte Gegenstände des alltäglichen
Gebrauchs. Eine zusammenklappbare Handleuchte wie diese war
praktisch und wurde bestimmt auch schon früher als dekorativ und
kurios betrachtet. Wert: circa 350 Euro.
Porzellan-Puppenfigur
Es handelt sich um ein rotbäckiges, sitzendes
Mädchen aus Biskuit-Porzellan. Höhe: 11 Zentimeter; Breite: 10
Zentimeter; Tiefe: 5,5 Zentimeter. Das fröhliche Kind stammt aus der
Manufaktur der Gebrüder Heubach aus Lichte in Thüringen und ist um
1900 entstanden. Die Manufaktur produzierte anfänglich
Gebrauchsgeschirr. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und um
1900 wurden dort vermehrt Spielwaren und Kleinartikel wie
"Nippes“-Porzellan hergestellt. Um 1910 war die Manufaktur Heubach
mit 500 Mitarbeitern eine der größten Puppen- und
Puppenkopf-Hersteller in Thüringen. Parallel dazu entwickelte die
Manufaktur auch eine Kunstabteilung von hoher Qualität und errang
1900 eine Silbermedaille auf der Pariser Weltausstellung und 1919
eine Goldmedaille auf der Weltausstellung in Brüssel. Die
vorgestellt Kinderfigur ist aus serieller Großfertigung und auch als
"Nippes“ bekannt, hat dennoch Charme und Liebreiz und ist bei
Sammlern begehrt.
Gemälde "Castell Toscana“
Das Gemälde stellt eine in warmen Farben
gehaltene toskanische Landschaft dar. Die Aquarellfarben wurden auf
Pappe aufgetragen. Die Umriss-Zeichnungen sind als Skizzenvorgaben
zu erkennen. Die Größe des Gemäldes beträgt 37,5 mal 27,5
Zentimeter. Das Aquarell ist hinter Glas gerahmt. Der Rahmen im
Neo-Barock-Stil stammt aus der Zeit um 1900. Die Signatur ist rechts
unten zu finden und lautet "A. Lutteroth“. Links unten finden wir
die Bildunterschrift "Castell Toscana“.
Lassen Sie Ihre Antiquitäten schätzen
Möchten sie auch einmal ein altes Erbstück
oder einen originellen Flohmarktfund von unseren Experten in der
Sendung begutachten lassen? Am 2. Mai 2004 gibt der NDR Ihnen
die Gelegenheit, ein Gemälde, den silbernen Tafelaufsatz oder
irgendein anderes Objekt unseren Kunstexperten vorzustellen. Die
Experten werden eine erste Expertise abgeben und die
interessantesten Stücke für eine unserer nächsten Sendungen
auswählen, zu der wir Sie dann einladen.
Unsere Experten sind für Sie da am:
2. Mai 2004 von 10.00 bis 18.00
Uhr
Adresse:
Schleswig-Holsteinisches Freilichtmuseum
Hamburger Landstraße 97
24113 Molfsee (bei Kiel)
Adresse:
Schleswig-Holsteinisches Freilichtmuseum
Hamburger Landstraße 97
24113 Molfsee (bei Kiel)
Um längere Wartezeiten zu vermeiden, melden Sie sich bitte zur Kunstsprechstunde an. Termine vergibt die Hotline (018 05) 11 77 97 (12 Cent/Minute). Sie ist ab 16. April geschaltet.